Wir haben mit Bigi Bender von biparso gesprochen. Sie hat uns erzählt, wie biparso einen Kulturwandel im Unternehmen provozieren kann und was der Nachbarschaftsgedanke für ihr Business und ihr Produkt bedeutet.
Bigi, bitte beschreibe mir mal in einem Satz was der Kern von biparso ist.
Mit biparso möchten wir eine Kultur etablieren, in der wir auch in einer digitalen Welt den Menschen im Arbeitskontext in den Fokus stellen und menschlich miteinander umgehen. Unsere Mission ist es eine vertrauensvolle, offene und kreative Kultur in Unternehmen zu etablieren, in der sich alle Mitarbeitende mit den eigenen Stärken und Fähigkeiten einbringen können.
Kannst du mehr über euer konkretes Produkt erzählen?
Das konkrete Produkt nennt sich findSPOT und ist eine Webapplikation, um New Work in einem geschützten Raum auszuprobieren und nach und nach daran zu wachsen. findSPOT ist eine Art Experimentierraum und digitaler Marktplatz, auf dem Gesuche und Fähigkeiten abgebildet werden. Unsere Plattform hilft dabei, die versteckten Talente zu finden, da wir nicht nur auf die herkömmlichen Stellenbeschreibungen und berufsbezogenen Qualifikationen achten, sondern auch die persönlichen Interessen und Charaktereigenschaften abbilden.
In der Praxis sieht das dann beispielsweise so aus: Ein Kollege sucht für ein Projekt einen Fotografen. Er stellt diese Anfrage auf findSPOT und kann über den Activity Stream so andere Kollegen finden, die sich persönlich für Fotografie interessieren und Lust haben an dem Projekt mitzuwirken. Diese können sich dann selbständig und auf freiwilliger Basis melden. Die Motivation und Begeisterung für die Fotografie löst beim Mitarbeitenden ein positives Flow-Erlebnis bei der Arbeit aus. findSPOT hilft ihm sich eigenständig passende Projekte zu suchen, anstatt vorgeschriebene Weiterbildungen zu absolvieren. Studien zeigen: Der Mensch möchte helfen, wenn er gefragt wird und wenn ihm das Thema liegt und er sich für kompetent in diesem Bereich hält.
Denkbar ist, dass ein Unternehmen beispielsweise 2-4 Stunden pro Woche einführt, die die Mitarbeitenden zur Verfügung haben, um an Themen abseits ihres Tagesgeschäfts mitzuwirken. So können agile Arbeitsformen auch in etablierten Unternehmensstrukturen schrittweise eingeführt werden. Das stärkt die teamübergreifende Zusammenarbeit und provoziert einen Kulturwandel, der zu mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeitenden und produktiverer Arbeit führen kann. Auch wenn das Produkt also digital funktioniert hilft es, dass wieder mehr Vernetzung im echten Leben und offline stattfindet.
Wie weit seid ihr momentan mit findSPOT?
findSPOT ist momentan in der Pilotphase. Wir erproben die Plattform gerade mit einigen Kunden.
Hier im Video erfährt man mehr über die Funktionsweise:
Wann kam die Idee eine eigene Firma zu gründen? Was war der Auslöser dafür? Und was hat euch dazu ermutigt euer eigenes Unternehmen aufzubauen?
Mein Mitgründer Paul Mirsch und ich kennen uns von unserem ersten Arbeitstag an. Wir haben unser Berufsleben in einem Mittelstandsunternehmen gestartet, wo wir viele positive Erfahrungen in Bezug auf aufgaben- und stärkenorientiertes Arbeiten machen konnten. Mein persönlicher Werdegang hat mich in die Großkonzerne in der Region geführt, wo ich Konzepte zu neuen Führungsmethoden und agilen Arbeitsformen unterstützt habe. Dabei ist mir aufgefallen, dass der Mittelstand eine sehr menschorientierte Einstellung in seiner „DNA“ hat, aber nicht so viel Budget, um Kulturveränderungen im Sinne von New Work anzustoßen. Bei den Konzernen ist es sozusagen genau umgekehrt: Hier kennt man sich teamübergreifend kaum und das Silo-Denken ist verbreiteter. Gleichzeitig haben sie mehr Ressourcen, um einen Kulturwandel umzusetzen.
Paul und ich sind bei einem Treffen ins Schwelgen über „die gute alte Zeit“ gekommen. Wir wollten Teamwork und das Miteinander in die digitale Welt übertragen. Schließlich fassten wir die Idee, eine Plattform zu entwickeln, die für mittelständische Unternehmen einen Übungsraum bietet, um diesen notwendigen Kulturwandel zu fördern und als Enabler zu ermöglichen.
Was hat euch dazu bewegt in der Region zu gründen? Was bedeutet für euch Regionalität?
In Kirchheim sind unsere gemeinsamen Wurzeln, daher haben wir unseren Unternehmenssitz hier etabliert. Regionalität ist mir aber auch wichtig aufgrund des persönlichen Austauschs und der Nähe zu Familien- und Mittelstandsunternehmen. Für uns steht der Mensch im Mittelpunkt, daher sind in unserem Handeln auch Beziehungen und Nachbarschaften ein essenzieller Bestandteil.
Generell ist der Nachbarschaftsgedanke für uns wichtig. Das zeichnet sich im Produkt ab, in Form von: Wer kann helfen? Aber eben auch in der Art, wie wir unser Unternehmen führen.
Welche Befürchtungen hattet ihr zu Beginn eurer Gründung? Wie beurteilt ihr diese aus heutiger Sicht?
Wir haben 2019 gegründet und natürlich hatten wir aufgrund der Corona-Pandemie zu Beginn direkt ein paar Hürden zu überwinden. Rückblickend würde ich sagen, wir hätten mutiger sein müssen. um auch ein erstes MVP, bzw. ein unfertiges Produkt, schneller an den Kunden zu bringen. Hier waren wir eher schwäbisch geprägt und wollten alles perfekt machen. Das Feedback ist aber sehr wichtig für die weitere Entwicklung und hilft schlussendlich das Produkt schneller zu bewerben und an den Markt zu bringen. Daher: Start before you’re ready.
Wie empfindet ihr die Gründungs-Community in der Region? Wo finden (potenzielle) Gründer*innen am einfachsten Anschluss?
Aufgrund der Pandemie war auch das Netzwerken zu Beginn etwas schwierig für uns. Ich komme ursprünglich aus Stuttgart und bin daher in der Stuttgarter Startup-Szene verwurzelt. Wir haben 2019 angefangen zu konzipieren und wollten dann 2020 durchtstarten, was uns etwas erschwert wurde. bwcon war ein hilfreicher Partner vor Ort und wir freuen uns darauf, dass nun auch wieder Veranstaltungen in Präsenz möglich sind, bei denen man netzwerken kann.
Ihr interessiert euch für das Thema New Work? Im Podcast „New Work Stories“ erzählt Bigi im Gespräch mit Lisa Nölting und Alexander Kornelsen mehr darüber.